Bewertung des Warenlagers

Firmen, die im Handel und/oder in der Produktion tätig sind, führen in der Regel ein eigenes Warenlager. Je nach Unternehmensgrösse, Branche und Warendurchlauf können die Warenvorräte einen erheblichen Teil der Firmensubstanz ausmachen. Das hat Auswirkungen auf den Unternehmenswert und den Verkaufspreis des Unternehmens.

Gerade bei kleineren Handelsunternehmen kann die Bewertung des Warenlagers zu einem Streitpunkt werden, wenn es um die Preisfindung beim Unternehmensverkauf geht. Oft einigt man sich auf ein Preismodell, das etwa wie folgt strukturiert ist:

Kaufpreis = Warenlagerwert per Stichtag + Fixer Preiszuschlag

Wie aber ist der Warenlagerwert zu berechnen? Nimmt man einfach den vollen Bezugswert der per Stichtag an Lager befindlichen Ware? Muss eine Wertberichtigung vorgenommen werden? Wie hoch soll diese ausfallen? Welche Kriterien entscheiden darüber, ob eine Wertkorrektur angebracht ist?

Dies sind die Fragen, die sich Käufer und Verkäufer von kleinen Handelsfirmen stellen und über die sie sich allzu oft nicht einig werden.

Aus praktischer Sicht sind zwei Massnahmen zu empfehlen, um diesem Problem zuvorzukommen. Erstens sollte der Verkäufer schon vor dem Unternehmensverkauf ein Warenwirtschaftssystem implementieren, aus welchem für die Lagerbewertung relevante Statistiken gefiltert werden können. Wie hoch sind die Durchlaufzeiten der einzelnen Artikel? Gibt es Saisonalitäten und wie ausgeprägt sind diese? Welche Artikel wurden mit Rabatt verkauft und nach welcher Lagerzeit geschah dies? Je solider die Informationsgrundlagen, umso leichter kann man einen Kaufinteressenten von der Werthaltigkeit des Warenlagers überzeugen.

Sofern diese Datengrundlage besteht, kann im Unternehmenskaufvertrag eine differenzierte Bewertungsformel vereinbart werden. Zum Beispiel sollten schnell drehende, modische Artikel nach kürzerer Lagerzeit wertberichtigt werden als langsamer drehende. Artikel, die werterhaltend sind, können zum vollen Bezugswert eingesetzt werden oder man kann sich alternativ überlegen, den überschüssigen Bestand dieser Artikel gestaffelt an den Nachfolger zu verkaufen. So wird weniger Kapital gebunden und der Nachfolger kann das Unternehmen «schlank» übernehmen.

Für Verkäufer von lagerintensiven Geschäftsmodellen ist aus all diesen Gründen anzuraten, in eine leistungsfähige, informative Warenbewirtschaftung zu investieren. Dies erhöht die Transparenz im Verkaufsprozess, ermöglicht eine sachgerechte, differenzierte Bewertung und verhindert, dass am Schluss faule Kompromisse eingegangen oder ungerechtfertigte Abschreiber auf den Unternehmenswert hingenommen werden müssen.