Der gescheiterte Unternehmensverkauf

Es gibt wenig Ärgerlicheres als ein Unternehmensverkauf, der kurz vor dem Abschluss scheitert. Der gesamte finanzielle, zeitliche und emotionale Aufwand, welcher von den Parteien in den Prozess investiert worden ist, trägt letztlich keine Früchte. Unter Umständen hat man auf vielversprechende Alternativen verzichtet, um sich auf diese eine Partei fokussieren zu können. Im schlechtesten Falle hat man den Verkauf bereits kommuniziert und muss zurückrudern. Späte Verhandlungsabbrüche gilt es aus all diesen Gründen so gut wie möglich zu vermeiden.

 

Es liegt in der Natur eines Verkaufsprozesses, dass Parteien ihr Interesse zurückziehen. Bisweilen wird dies aus guten Gründen zu einem relativ späten Zeitpunkt geschehen. Das lässt sich nicht gänzlich verhindern. Wer einen genaueren Blick auf dieses Thema wirft, erkennt allerdings wiederkehrende und vor allem voraussehbare Ursachen des späten Scheiterns. Ist man sich dieser Gründe bewusst, kann man aussichtslose Verhandlungen früher abbrechen und seine Energie auf erfolgsversprechende Optionen fokussieren. Im Folgenden werden die häufigsten Ursachen von «last-minute-Rückzügen» näher betrachtet.

 

 

Ursache 1: Kein gefestigter Wille zum Kauf oder Verkauf

Der Kauf bzw. Verkauf eines Unternehmens ist für alle Beteiligten ein erheblicher Entscheid. Es geht für beide Parteien um hohe Geldbeträge, die Abgabe bzw. Übernahme von viel Verantwortung sowie um eine spürbare Änderung des gelebten Alltags. Man kann auf beiden Seiten ohne Übertreibung von einem Lebensentscheid sprechen.

 

Wer ohne Reflexion und gefestigte Absicht in den Nachfolgeprozess eines Unternehmens einsteigt, läuft Gefahr, während des Prozesses (meist wenn es konkret wird) von ungeklärten Gefühlen übermannt zu werden. Verkäufer realisieren oft erst dann, dass sie nach dem Verkauf ihres Unternehmens eine beachtliche Lücke in ihrem Leben mit neuen, sinnstiftenden Aktivitäten auszufüllen haben. Kaufinteressenten konfrontieren sich vielfach zu spät mit den «Schattenseiten» der Selbständigkeit wie unsicheren Erträgen, Existenzängsten, erhöhtem Arbeitspensum und der Einsamkeit des endgültigen Entscheidungs- und Verantwortungsträgers. Wenn sich aber Unsicherheiten und Zweifel einschleichen, dann erleidet jeder Transaktionsprozess früher oder später Schiffbruch.

 

 

Ursache 2: Unzureichendes Eigenkapital

Auf den ersten Blick mag es überraschen, dass mangelndes Eigenkapital des Kaufinteressenten ein wichtiger Grund für späte Verhandlungsabbrüche ist. Es liegt auf der Hand, dass das Vorhandensein von ausreichenden finanziellen Mitteln für jedes Kaufvorhaben elementar ist.

 

Das Problem liegt in der mangelhaften Abklärung der Finanzierung. Nicht selten geben sich die Verhandlungsparteien mit einer unverbindlichen Ersteinschätzung eines Bankberaters, der eine Finanzierung in Aussicht stellt, zufrieden. Auf dieser Basis wird dann der Verkauf in allen Details verhandelt. Wenn der Kreditantrag offiziell gestellt wird und die Bank in die Details des Geschäfts einsteigt, kann es trotz zunächst positiven Signalen zu einer Ablehnung des Gesuchs kommen. Derselbe Mechanismus spielt auch bei externen Geldgebern und Investoren. Manche Kaufinteressenten verlassen sich bei der Finanzierung ihre Vorhabens komplett auf Verwandte und Bekannte. Sobald aber ein konkreter Übernahmevorschlag auf den Tisch kommt, ziehen sich diese zurück und die einstige Finanzierungszusage erweist sich als Schimäre. Da diese Art von Kaufinteressenten selber meist über unzureichendes Eigenkapital verfügt oder das Risiko nicht alleine tragen will, kommt der Ausstieg des Finanzierungspartners in der Mehrzahl der Fälle einem definitiven Abbruch der Verhandlungen gleich.

 

 

Ursache 3: Nicht alle Entscheidungsträger werden involviert

Transaktionen können nur abgeschlossen werden, wenn alle Entscheidungsträger einverstanden sind und grünes Licht geben. Als Entscheidungsträger gilt jede Person und jedes Gremium, welches die Transaktion faktisch verhindern kann.

 

Viele Parteien begehen den Fehler, dass sie faktische Entscheidungsträger erst am Schluss des Prozesses oder gar nicht involvieren. Dies können Ehegatten, Finanzierungspartner, Aufsichtsgremien (bei Firmen) oder andere mitspracheberechtigte Dritte sein. Wenn diese mit der Transaktion nicht einverstanden sind oder die Konditionen nachverhandeln wollen, dann bedeutet das in den meisten Fällen einen irreparablen Vertrauensbruch, welcher die Verhandlungen zum Erliegen bringt.

 

 

Ursache 4: Divergierende Grundannahmen

Bei jeder Verhandlung gehen beide Parteien von unausgesprochenen Annahmen aus, welche sie für selbstverständlich erachten. Dies ist in einem gewissen Umfang normal und üblich, da auch bei Unternehmensverkäufen Usanzen existieren, welche man nicht ausdrücklich verhandeln und festhalten muss.

 

Da es aber um den Verkauf eines komplexen und hochindividuellen Wirtschaftsguts geht, müssen verhältnismässig viele Punkte explizit vereinbart werden. Der Käufer muss zum Beispiel wissen, wie viel Eigenkapital der Gesellschaft in dem vereinbarten Kaufpreis inkludiert ist, wie lange der Verkäufer ihn einarbeitet und wieviel das kostet, welche Rechte, Pflichten und Risiken er mit dem Unternehmen übernimmt, mit welchen Erträgen (Lohn und Gewinn) er rechnen kann und welche Aufgaben nach dem Weggang des Verkäufers übernommen werden müssen. Der Verkäufer muss seinerseits wissen, wann und wie der Kaufpreis bezahlt wird, welche Übergabe- und Einarbeitungspflichten auf ihn zukommen und wofür er vertraglich Gewähr leisten muss.

 

Differenzen in diesen Grundannahmen kristallisieren sich oft erst heraus, wenn der Kaufvertrag aufgesetzt und/oder die Betriebsprüfung (Due Diligence) durchgeführt worden ist. Erst dann realisieren die Parteien, dass über wesentliche Konditionen des Firmenverkaufs keine Einigkeit besteht. Je nach bisheriger Verhandlungs- und Prozessdynamik können solche späten, unvorhergesehenen Hürden einem Verkaufsprozess den Todesstoss versetzen.

 

Fazit

Späte Verhandlungsabbrüche gehören zum Unternehmensverkauf dazu. Selbst die erfahrensten Unternehmensvermittler erleben dies immer wieder und können ein Lied davon singen. Unvorhergesehenes wie Todesfälle, gesundheitliche Probleme oder Umsatz- und Gewinneinbrüche können sich jederzeit ereignen und den Unternehmensverkauf verunmöglichen. Die meisten späten Verhandlungsabbrüche wären aber insofern vermeidbar gewesen, als man deren Ursachen um einiges früher hätte erkennen können. Es ist folglich zu empfehlen, folgende Punkte früh zu klären und somit das Risiko eines fruchtlosen Aufwands zu minimieren:

 

  • Hat mein Verhandlungspartner eine ernsthafte, feste Absicht diese Transaktion durchzuführen? Hat er klare Vorstellungen und bleibt er konsistent am Ball oder scheint das Interesse und der persönliche Einsatz im Prozess zu fluktuieren?

 

  • Verfügt der Kaufinteressent über eigenes, frei verfügbares Eigenkapital von mindestens 20% des angepeilten Kaufpreises? Lässt sich der anvisierte, fremdfinanzierte Anteil des Kaufpreises innert 5 Jahren aus den Überschüssen des Unternehmen verzinsen und amortisieren?

 

  • Sitzt diejenige Person am Verhandlungstisch, die letztlich den Kaufpreis zahlen oder die Zahlung mindestens verantworten muss? Hat der Käufer seinen Lebenspartner über sein Vorhaben informiert und geniesst er dessen Unterstützung?

 

  • Ist man sich über alle wichtigen Eckpunkte der Transaktion einig, d.h. über den genauen Kaufgegenstand, den Kaufpreis inkl. Anpassung an die Stichtagsbilanz, den Zahlungsfluss, die Modalitäten der Einarbeitung und die wesentlichen vertraglichen Gewährleistungen sowie Zusicherungen?

 

Nur wenn diese Fragen sorgfältig und früh im Prozess geklärt sind, lohnt es sich, tiefer in die Verhandlungen einzusteigen.

 

Da es sich bei dem Verkauf eines Unternehmens um ein komplexes, fragiles und schwer berechenbares Vertrauensgeschäft handelt, ist abgesehen von all diesen Ratschlägen jedem Verkäufer und Kaufinteressenten zu empfehlen, sich bis am Schluss des Prozesses andere Optionen offen zu halten.