Wer eine Firma zu verkaufen hat, sollte sich Nerven zulegen

Haben Sie eine Firma zu verkaufen? Gibt es schon einen Kaufinteressenten für Ihre Firma? Sie denken, dass Sie damit kurz vor der Ziellinie sind? Es wäre Ihnen zu gönnen, aber vermutlich irren Sie sich. Der Verkauf einer Firma ähnelt einem Gang durchs Minenfeld. Es braucht nur einen Fehltritt und alles geht hoch. Um dies zu veranschaulichen, seien einige Anekdoten aus unserem Verkaufsalltag erwähnt. Sie werden staunen.

Der Brachial-Verhandler

Einst betreute ich ein Gebrüder-Paar, die eine Formenbau-Firma zu verkaufen hatten. Der Betrieb war kerngesund. Schuldenfreie Liegenschaft, keine Verbindlichkeiten, hohe Profite: ein Traum. Nach einiger Zeit war der ideale Nachfolger gefunden. Der Herr war Geschäftsführer eines Industrieunternehmens und wollte sich selbständig machen. Er brachte das nötige Fachwissen mit und wohnte in der Nähe der Firma. Die erste Besichtigung erfüllte alle Erwartungen. Die Parteien waren sich auf Anhieb sympathisch und der Kaufkandidat war von der Firma überwältigt. Es war klar, dass er kaufen wollte. Nach kurzen Verhandlungen konnte man sich auf eine Preisbandbreite einigen und die Betriebsprüfung in Angriff nehmen. Wie bei diesem Musterbetrieb nicht anders zu erwarten, ging die Betriebsprüfung glatt durch. Somit konnten wir uns an den Kaufvertrag machen. Hier gab es einige Differenzen, aber für mich als Vermittler war klar: der Deal geht durch.

Das Unglaubliche geschah bei dem Meeting, in welchem wir eigentlich die Details festnageln und den Verkauf via Handschlag besiegeln wollten. Ohne Vorwarnung begann der Kaufinteressent, den Preis nachzuverhandeln. Und wir sprechen hier nicht über einen kleinen Rabatt, den er herausholen wollte. Er forderte einen Abschlag von 30 Prozent! Ich sah zu, wie der sicher geglaubte Firmenverkauf – über Monate aufgegleist – in sich zusammenfiel. Es geschah das Unvermeidliche. Die Inhaber waren geschockt, das Vertrauen war dahin. Nach zwei schlaflosen Nächten teilten sie mir mit, dass sie die Verhandlungen mit dem Interessenten abbrechen wollten. Die Grundlagen für eine Nachfolge seien nicht mehr gegeben.

Glücklicherweise hatten wir noch einen zweiten Interessenten, der die Gunst der Stunde nutzte und die Firma kaufte. Andernfalls hätten wir von vorne beginnen müssen.

Der übereifrige Berater

Mit einem anderen Kunden, der eine Reinigungsfirma zu verkaufen hatte, erlebte ich die folgende Geschichte. Wir trafen uns zum Erstgespräch mit einem Kaufkandidaten. Dieser zeichnete sich dadurch aus, dass er gerade geerbt und somit einen hohen siebenstelligen Betrag flüssig auf dem Konto zur Verfügung hatte. Er wollte unbedingt selbständig werden. Eine erfolgreiche Reinigungsfirma kam da wie gerufen. Nach dem Gespräch war klar, dass er vom Unternehmen begeistert war und ein Angebot unterbreiten würde. Und was für eines! Er bot den vollen Preis in Cash an. Ich und der Verkäufer sahen schon, wie sich ein Traumverkauf am Horizont abzeichnete. Als der Kaufinteressent ankündigte, für die Abwicklung der Transaktion ein renommiertes Treuhandbüro zu engagieren, ahnte ich nicht, was da auf uns zukommen würde.
Der Deal wurde am Tag der Betriebsprüfung (Due Diligence) zerstört. Im Stile eines Gross-Inquisitors „grillierte“ der Berater des Käufers den Verkäufer. Überall vermutete er List und Betrug und hatte auch keine Hemmungen, dies offen zu sagen. Den Rest kann man sich denken. Der Verkäufer machte gute Miene zum bösen Spiel. Nach der Prüfung nahmen die Emotionen aber überhand. Alle Beschwichtigungsversuche meinerseits waren vergebens. Der Verkauf war gestorben, zu tief sass die Beleidigung. Es sollte noch ein ganzes Jahr dauern, bis ein Käufer für die Firma gefunden war.

Die Ehefrau als Deal-Breaker

Ein anderes Mal gab es eine Handelsfirma zu verkaufen. Ein ausgezeichneter Betrieb mit hohen Margen, vertraglich gesicherten Kunden und stabilen Umsätzen. Entsprechend hoch war die Nachfrage. Nach einigen Gesprächsrunden fokussierten wir uns auf einen Herrn, der als perfekter Nachfolger erschien. Er war vom Fach, hatte Kapital und die Chemie stimmte. Die Verhandlungen waren von kurzer Dauer und ein Preis, den beide akzeptieren konnten, schnell gefunden. Schon bald konnte ich Kaufverträge aufsetzen und zwischen den Parteien zirkulieren lassen. Ein Unterzeichnungstermin war schon gesetzt, als der Kaufinteressent mich eines Abends telefonisch kontaktierte. Ich konnte nicht ahnen, welcher Tiefschlag mich erwartete. Mit belegter Stimme begrüsste er mich und betrieb Small-Talk. Es beschlich mich ein ungutes Gefühl und ich fragte ihn direkt, warum er mich anrief. Er stammelte ein bisschen herum und erst auf meine Nachfrage hin packte er die unangenehme Wahrheit aus. Er habe er gestern seiner Frau gestanden, dass es da eine Firma zu verkaufen gibt, die ihn interessiere. Leider musste er feststellen, dass sie das nicht toll fand und mit einem Kauf nicht einverstanden war. Aus diesem Grund sei er leider gezwungen sich aus dem Kaufprozess zurückziehen. Ungläubig nahm ich die Nachricht hin und informierte den Verkäufer. Dank der hohen Nachfrage war schnell ein anderer Käufer gefunden. Dennoch habe ich daraus gelernt. Ich bestehe seitdem darauf, dass Ehegatten von Interessenten von Beginn weg in den Kaufprozess einbezogen werden.

Starke Nerven zulegen und Optionen offenhalten

Ich hätte noch eine ganze Reihe von ähnlichen Anekdoten zu erzählen. Die Frage ist: Was kann man aus diesen Lektionen lernen? Erstens sollten sich KMU-Inhaber, die sich entscheiden, ihre Firma zu verkaufen, eine dicke Haut und stählerne Nerven zulegen. Zweitens sollte man sich bewusst sein, dass auch kurz vor der Ziellinie sicher geglaubte Unternehmensverkäufe scheitern können. Ausweichoptionen sollten bis am Schluss offengehalten werden. Drittens kann ein Vermittler helfen. Er hat solche Situationen schon öfters erlebt und weiss, wie damit umzugehen ist bzw. wie man sie am ehesten vermeiden kann.